Gressenich: Sagen u. Märchen






Das Öl des Berggeistes

Ein kleines altes Bergmännchen ging die Strecke des Bergwerkes, ob es Diepenlinchen oder ein anderes Bergwerk in der Nähe war, ist zweifelhaft. Da begegnete ihm auf dem Wege ein Bergmann von ungewöhnlich hohem Wuchse, den er noch nie gesehen hatte. Das Licht des riesenhaften Fremden strahlte so sehr, dass man weit durch die „Strecke“ sehen konnte. Verwundert schaute der Bergmann den Fremden an; dieser redete ihn an mit den Worten: „Sag ens, deng Lamp geht uhs.“ „Dat weß ich, dröm woll ich att maache, dat ich flöck op de Poste komm,“ antwortete das Bergmännchen. Der Berggeist, das war nämlich der Riese, sagte zu ihm: „Geff mich ens deng Lamp, dann well ich dich jett Ollig dropp donn; evve saag kenem jett, söß geht dich deng Lamp ad wärem uhs.“ Darauf schüttete er dem Bergmännchen Öl auf die Lampe und sagte dann: „Du bruchs jetz keen Ollig mie dropp ze schödde. Säß de evve enem jett, dann moß du och wärem Ollig opschödde wie deng Kamerate.“ Mit diesen Worten war der Riese in der Strecke verschwunden; der Bergmann sah nur, wie durch das Licht des Verschwundenen die Strecke meilenweit erleuchtet war. Unser Bergmännchen hatte von nun an ein so schönes, helles Licht, wie keiner von seinen Kameraden. Er brauchte auch kein Öl aufzugießen. Das wunderte die übrigen Bergleute, und sie fragten ihn, wie er an das schöne Licht käme. Er sagte aber nichts, wie ihm der Berggeist befohlen hatte. Endlich, nach langer Zeit, konnte er dem ungestümen Drängen seiner Kameraden nicht widerstehen und offenbarte ihnen das Geheimnis. Sein Licht erlosch sogleich, und hinfort musste er Öl auf seine Lampe schütten, wie alle anderen auch.

(Quelle: Volkskunde des Jülicher Landes v. Heinz Hoffmann; Teil 2 Sagen aus dem Indegebiet)