Gressenich: Sagen u. Märchen





Der Bergwerksmönch

Im Schieferling bei Gressenich wohnte der Bergwerksmönch. Ihm gehörten alle Schätze, die in jener Gegend eingeschlossen sind. Die Menschen dieser Gegend bargen diese Schätze der Erde. Sie schlugen tiefe Stollen und nahmen sich, so viel sie benötigten. Der Bergwerksmönch ließ sie gewähren. Obwohl er sie leicht verderben konnte, tat er ihnen nichts zu Leide. Oft kam er sogar selbst zu ihnen und half ihnen bei der schweren Arbeit.

Einmal war zwei Bergwerksleuten die Lampe ausgegangen. Nun standen sie in dem langen finsteren Gang und wussten nicht weiter. Da riefen sie zu dem Bergwerksmönch, er möge kommen und ihnen helfen. Sogleich kam er mit einem Licht durch den Stollen und leuchtete ihnen mit seiner Lampe, bis sie fertig waren.

Als die Schicht herum war, nahm er sie mit. Mit einem Zauberwort öffnete er eine Felsenwand. Lauter Gold leuchtete ihnen entgegen. „Das ist mein“, sprach er. „Gut, dass ich es vor den Menschen verstecke, dass sie es nicht finden, mögen sie nur all das Eisen nehmen! Das Gold aber bringt nur Unheil den Menschen. Das Gold werde ich behalten. Sagt es niemand, was ihr gesehen, damit sie nicht kommen und es mir stehlen.“ Dann gab er jedem ein Geschenk und verschwand.

Die beiden Bergleute gingen zu einem Steiger und erzählten, was ihnen der Bergwerksmönch verraten habe. Sie beschlossen sogleich, gemeinsam den Schatz des gutmütigen Bergwerksmönches zu rauben. In der Nacht, als kein Mensch im Bergwerk war, schlichen sie heimlich in den Stollen und eilten an die Stelle, wo hinter der Wand der Schatz verborgen war. Eilig gaben sie sich an die Arbeit, um einen Gang in den Stollen zu graben.

Weit hinten im finsteren Gang stand der Bergwerksmönch und sah ihnen zu. Wohl polterte er unheimlich, um sie zu erschrecken, wohl ließ er Steine dröhnend niederfallen, um sie zu verjagen. Aber ihre Sucht nach Gold war so groß, dass sie nicht darauf achteten; sondern sie trieben den Stollen immer weiter in die Wand hinein. Schon leuchtete das Gold in ihren, schon streckten sie die Hände danach aus - - da rüttelte der Mönch an den schweren Strebpfeilern, die sie unter die Decke gestellt (hatten). Der Stollen stürzte zusammen und begrub die drei unter sich. Kein Mensch hat sie je gefunden und keiner fand den Schatz, den der Bergwerksmönch verborgen hält und bewacht. Und wehe dem, der später durch Zufall der Stelle zu nahe kam: ein schwerer Stein kam herab gestürzt und erschlug den Unglücklichen.

Längst ist das Bergwerk verfallen, kein Mensch verirrt sich mehr hinein. Aber der Berggeist wandert noch durch die Gänge und hütet seinen Schatz wie vor tausend Jahren.

(Quelle: Heimatblätter 1936)