Gressenich: Sagen u. Märchen





Das uralte Bergwerk im Schieverling

(mündlich von vielen aus Gressenich und Umgebung)

In uralter Zeit war im Schieverling westlich von Gressenich ein bedeutendes Bleibergwerk, wie das die vielen Schlacken und die aufgefundenen 'Rüster aus Eisen' oder die Schmelzöfen bewiesen. Die Schmelzöfen waren kleine Handöfen die, mit Holzkohlen geheizt, die Erze zum Schmelzen brachten. In dem Bergwerk, so erzählen die alten Leute, die es von ihren Eltern und Großeltern hörten, arbeitete ein ungewöhnlich kleiner Menschenschlag. Einige nennen sie Römer und begründen das damit, dass man früher Menschen von außergewöhnlich kleinem Wuchse mit dem Namen Römermännchen bezeichnete. Andere bestreiten das und verlegen das Bergwerk in noch ältere Zeit, nämlich in die Zeit vor der Sündflut, als die Stadt Gressiona noch bestand. Gressiona war eine Stadt, mit der an Größe und Umfang sich keine Stadt des Altertums messen konnte; denn sie reichte von Düren bis Kornelimünster, erstreckte sich weit über Jülich hinweg und umfasste die heutigen Städte Stolberg und Eschweiler. Durch den Bergwerksbetrieb floss großer Reichtum in die Stadt der Heiden. Der Reichtum verleitete die Bewohner der Stadt zur Üppigkeit, Schwelgerei und einem lasterhaften Leben. Das Strafgericht Gottes brach endlich über sie herein. Die Sündflut kam und machte auf einmal der Stadt mit ihren Bergleuten ein Ende. Von den Gebäuden der Stadt blieben nur noch Trümmer und die Kellerwerke übrig. Das wichtigste Bergwerk im Schieverling lag zuletzt unter einer tiefen Sandschicht vergraben. Gerade diese Sandschicht sieht man als einen Beweis für den Untergang der Stadt durch eine Flut an. In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts grub man unter dem schön geschichteten Sande die Bleischlacken, weil sie noch viel Metall enthielten, heraus, um sie in den Bleischmelzen zu Stolberg noch einmal auszuschmelzen. Da zeigten sich weitere Beweise, wie die Flut gehaust. In den Mulden der Schlacken fand man viele schwarze, steinharte Baumstämme und Balkenreste, welche die Wassermassen dahingeführt hatten.


(Quelle: Volkskunde des Jülicher Landes v. Heinz Hoffmann; Teil 2 Sagen aus dem Indegebiet)